zurück zur vorherigen Seite GRAND CANYON meine wanderung

3. Tag

Früher Morgen

Ich wachte etwas nach 5 Uhr früh auf, gerade als das erste Sonnenlicht den Grand Canyon erhellte. Die Sonne erreichte zuerst die Spitzen der Canyonberge und -mauern und wanderte dann langsam tiefer in den Canyon, die Farben der Felsen wechselnd, von dunkelbraun, grau und violett zu leuchtenden Varianten von Gelb und Rot.


Bright Angel Creek,
Blick von der Brücke am
Zeltplatz (vergrößerbar)

'Es ist unser letzter Tag hier, und wir müssen uns für die Wanderung hinaus fertig machen' fiel mir als erstes ein, und ein klein wenig Traurigkeit kam auf. Als ich aus dem Zelt spähte, sah ich die ersten Wanderer den Campground verlassen. Es war Zeit aufzustehen.
Zuerst mußten wir unsere Rucksäcke umpacken - das Meiste sollte ja mit den Mulis hinaus gebracht werden. Ich behielt die wichtigste Ausrüstung, Essen und auch Wasser für uns beide in meinem Rucksack. Der Rest kam in den Rucksack meines Freundes und in einen großen Sack (duffel bag), die ich zum Platz hinter der Phantom Ranch-Kantine brachte. Beide Gepäckstücke mußten dort in 2 bereitliegende, großße Säcke gesteckt werden, dann gemessen, gewogen und mit Namen und Datum versehen werden. Das brauchte einige Zeit.

Wieder zurück am Zeltplatz frühstückten wir kurz und machten uns zum Aufbruch bereit. Heute war es bewölkt, was uns aber durchaus nichts ausmachte. Es bedeutete niedrigere Temperaturen und somit etwas weniger schwitzen.
Ich trug meinen nun nicht mehr so vollen und somit leichteren Rucksack - mein Freund einen kleineren mit etwas Wasser und Essen.

Bright Angel Trail

Es ist eine 7,6 km (4,7 Meilen) lange Wanderung vom Bright Angel Campground (Seehöhe: 765 m / 2480 Fuß) bis zum Indian Garden (Seehöhe 1158 m / 3800 Fuß) und dann weitere 7,4 km (4,6 Meilen) bis hinauf zum South Rim (Seehöhe 2091 m / 6860 Fu"). Insgesamt also 15 km (9,3 Meilen).

Zuerst führte unser Weg über die selbe Strecke, die wir gestern gegangen waren, an der Park River Ranger Station vorbei und auf der Silver Bridge über den Colorado. Dann mußten wir den Weg nach Westen (flußabwärts) nehmen. Der gut gepflegte Pfad folgt zuerst für zwei Meilen dem Flußverlauf und führt über einige flache Sanddünen. Dann erreichten wir den Punkt, wo die 'echte' Wanderung beginnt und sich das River Resthouse (Trinkwasserstelle, Not-Telefon) befindet.


Blick Richtung Devils Corkscrew,
etwas südl. vom River Resthouse
(vergrößerbar)


Blick vom Devils Corkscrew,
nördlich Ri. Colorado River
(vergrößerbar)


Der Weg führt hier nach links, und wir lassen den Colorado River hinter uns. Von hier bringt uns ein leichter Anstieg aus der grünen Region nach 0,5 Meilen zum karstigen Devil's Corkscrew. Nomen est Omen, der Pfad windet sich über zahlreiche Spitzkehren steil durch den Vishnu Schist bis zu einer wunderschön gelegenen Stelle am Sattel, die zu einer ersten Pause einlädt.
Wir sind froh, daß es noch immer wolkig ist. Bei blauem Himmel und Sonnenschein wäre dieser Anstieg viel schweißtreibender.
Hier, vom Sattel, hatten wir einen großartigen Blick auf den steilen Weg, den wir gerade hinter uns gebracht hatten. Und direkt vor uns lag der Garden Creek, der über einen kleinen Wasserfall seinen Weg zum Colorado sucht.


Kehren im steilen Devil's
Corkscrew (vergrößerbar)


Wasserfall am Weg
(vergrößerbar)


Von nun an folgt der Weg dem Bach aufwärts und zweimal muß man ihn an seichten Stellen überqueren. Dieser abwechslungsreiche Teil des Bright Angel Trails, der auch einige schattige Stellen aufweist, ist für mich der schönste Abschnitt dieses Weges. Und je näher wir zum Indian Garden kamen, desto grüner wurde es wieder.


Blühender Kaktus,
etwa 4 m hoch
(vergrößerbar)


Etwas unterhalb vom Indian
Garden, 'The Battleship' im
Hintergrund (vergrößerbar)


Wir passierten die Abzweigung des Tonto East Trails, der von hier aus nach Osten zum South Kaibab Trail (The Tippoff) führt.
Der gesamte Tonto Trail ist ein Wildniss-Pfad, der nicht gepflegt wird und dadurch oft schwer zu finden ist, 152,9 km (95 Meilen) lang. Er folgt der Tonto Plattform (nahezu auf gleiher Höhe) vom Garnet Canyon im Westen bis zum Red Canyon im Osten (nahe dem Little Colorado River).

Von hier aus kann man im Westen nun auch den Weg vom Indian Garden zum Plateau Point sehen, auf dem sich Wanderer und einige Mule-Reiter in der Ferne wie kleine Ameisen bewegen. Nun ist es nicht mwehr weit zum Indian Garden.

Indian Garden

Überraschend angenehme, kühlere Temperaturen (durch die Höhenlage und die reichhaltige Vegetation) erwarteten uns hier. Zuerst wurden wir von etwa einem Dutzend Mules freundlich mit Ohrenwackeln begrüßt, die auf ihre nächsten reiter warteten, bevor wir den Rastplatz mit der wichtigen Trinkwasserstelle erreichten. Bis hierhin hatten wir nur wenige Wanderer getroffen, aber der Indian Garden macht seinem Ruf als beliebtester Wandererzielpunkt und damit auch dem erhöhten Aufkommen an Menschen alle Ehre. Fast 50 Wanderer aus allen Teilen der Welt 'umzingelten' uns - zumindest hatten wir das Gefühl. Man plauderte in englisch, japanisch, deutsch, französisch, italienisch, spanisch und anderen Sprachen, die ich nicht erkennen konnte, munter durcheinander. Tageswanderer mit kleinen Ruckäcken oder nur einer Wasserflasche, einige in Wanderschuhen, andere mit Turnschuhen. Ein Frau fiel mir gleich auf. Sie trug eine Glitzerbluse, Rock und Sandalen - sorry, aber wir mußten darüber lachen. Dies ist nun mal nicht die richtige Kleidung bzw. Wanderausrüstng, um auf einem steilen Weg zum Indian Garden zu wandern. Nun war auch uns klar, warum so viele Unfälle und Verletzungen von unvernünftigen 'Wanderern' geschehen (trotz der vielen, mehrsprachigen Warntafeln über die Gefahren des Wanderns in den Canyon am Canyonrand).

Und nun, an unserem dritten Tag im Canyon, fühlten wir uns nicht wohl. Es war uns zu viel los und zu laut. Der angenehm ruhige Gigant der Natur wird hier von den Besuchern überwältigt.
Wir blieben nur für 15 Minuten, aßen ein paar Kraftriegel, füllten etwas frisches Trinkwasser auf und machten uns wieder auf den Weg in Richtung South Rim. Ich erinnere mich daran, daß ich ein wenig traurig war. Im Kopf hatte ich mich bereits von einem der schönsten und beeindruckendsten Plätzen der Welt verabschiedet. Nun ging es nur mehr darum die Wanderung zu beenden.


Mulis begrüßen uns...

...und weitere kommen an.

Reges Treiben an der Trinkwasser-
Füllstelle (vergrößerbar)


Blick zurück auf Indian Garden
(vergrößerbar)


Wir passierten den Campground und verließen Indian Garden. Einem einfachen, leicht aufwärts führenden Weg, der teilweise beträchtliche Spuren (gemeint sind damit leider nicht die Hufabdrücke) der Mulis aufwies, folgten die ersten steileren Stellen und zahlreiche Kehren - bevor wir nach etwa 1,5 Meilen das Three-Mile Resthouse erreichten.
Die Entfernungsbezeichnungen der Raststellen beziehen sich auf die Entfernung zur Canyon-Kante. Das Three-Mile Resthouse ist somit von oben genau 3 Meilen entfernt.

Three-Mile Resthouse
Ein weiterer Platz, wo man eine kleine Rast einlegen kann, und frisches Trinkwasser bekommt (beide Raststellen zw. der Kante und Indian Garden verfügen aber nur von Mai bis Oktober über eine Trinkwasserstelle). Wir fühlten uns ziemlich gut, und weil uns nicht nach der Gesellschaft von schreienden Kindern war, setzten wir gleich unseren Weg zu unserem letzten Stop, dem Mile-and-a-Half Resthouse, fort. Nun treffen wir immer mehr Besucher am Weg - die meisten zeigen ein freundliches 'Ich-bin-ein-Grand Canyon-Wanderer- Lächeln'.
Auch am letzten Rasthaus gingen wir vorbei (wir hatten noch genug Trinkwasser), auf der Hoffnung nach einer nahen, etwas ruhigeren Stelle. Naja, der Wunsch ging uns nicht in Erfüllung, aber wir machten trotzdem Halt, um nochmals zu essen und zu trinken und ein angenehmes, leichtes Lüftchen für einige Minuten zu genießen.

Wir wußten, daß der letzte Teil des Weges steil sein würde, und ich muß gestehen, daß ich auch ein wenig müde wurde. Nun, um beinahe 3 Uhr, entschlossen wir uns sich zu trennen. Unser Gepäck, das mit den Mulis hinaufgebracht worden war, mußte bis spätestens 4 Uhr am Fred Harvey Livery Barn abgeholt werden (andernfalls bekommt man seine Gepäckstücke erst am darauffolgenden Morgen). Mein Freund ging mit flottem Schritt voraus, nur etwas Wasser bei sich. Ich folgte etwas langsamer mit dem Rucksack, der, trotz des immer geringer werdenden Gewichtes, mir zuletzt viel schwerer vorkam.
Diese Erfahrung kannte ich nicht von den üblichen Bergtouren, die ich gemacht hatte. Denn dabei ging es zuerst bergauf (zum Gipfel) und danach bergab, wenn man schon etwas müder wird. Hier im Grand Canyon ist es ja umgekehrt - zuerst geht man hinunter und dann bergauf. Und gerade die letzte, steile Meile, wenn man die Canyon-Kante zum Greifen nahe hat, zehrt nochmals an den Resten der Kraft.
Schritt für Schritt, Stufe für Stufe und Kehre für Kehre kam ich langsam der Canyon-Kante näher. Schon bald konnte ich die Stimmen der Leute oben am Rim hören, und einige Male blieb ich kurz stehen, um immer wieder in den Canyon hinunter zu schauen. Der Wind wurde nun etwas stärker und wie ein Zeichen von oben öffneten sich die Wolken. Die nun durchkommende Sonne und die Schatten der Wolken, die sich langsam über den Canyon bewegten, zeigten ein faszinierendes Spiel von wechselndem Licht und Farben.
Meine Augen folgten dem Pfad hinunter zum Indian Garden, von dort dem Weg zum Plateau Point und verloren sich in der Weite des Grand Canyons. Meine Gedanken schweiften zurück zum Augenblick des Beginns unserer Wanderung vor zwei Tagen, zu den Erwartungen, die wir hatten, und zu einigen Momenten der wunderschönen Stunden, die wir hier verbringen durften.


Ein Blick zurück auf den
Weg und einer der Raststellen...
(vergrößerbar)


...und direkt unterhalb dem Rim
auf Indian Garden und Plateau Point
(vergrößerbar)


Ich erkannte das Kolb Studio, das sich förmlich an die Kante anschmiegt, und wo der Bright Angel Trail beginnt und unsere Wanderung endet. Kurze Schritte bringen mich durch die beiden letzten Kehren und den Felsentunnel - die letzten Minuten einer unvergeßlichen Wanderung.


Der Felsentunnel, direkt
unterhalb der Canyon-Kante


Das Kolb Studio am South Rim
(vergrößerbar)


Am Rim blickte ich nochmals zurück und sagte zu mir selbst 'Ja, du hast es geschafft'. Ein Traum war in Erfüllung gegangen.

Da sprach mich ein kleines Mädchen mit einem breiten Lächeln an "Bist Du ganz nach unten gegangen?". "Ja", antwortete ich. "Wie ist es dort unten?", wollte sie wissen. "Es ist sehr schön - etwas, das Du sonst nirgendwo sehen kannst."

Good-bye

Minuten später traf ich meinen Freund am Parkplatz beim Backcountry Office. Unser Gepäck war bereits im Auto verstaut. Wir schauten uns nur für einen Moment an, und ich wußte, daß wir den selben Gedanken hatten: Wir werden zurückkommen!
Als wir den Nationalpark verließen, hatte ich noch immer die Bilder dieses beeindruckenden Platzes im Kopf, und ich spürte ein Gefühl des Abschiednehmens von einem guten Freund - einem Freund für immer.


[WEITER: Letzte Gedanken] [ZURÜCK ZU: Grand Canyon, Start/Index]


Seite drucken



Seitenorientierung/Aufbau:
> Home/Willkommen
  > EXTRA!!! mein Magazin
    > Grand Canyon
      > Meine Wanderung
        > 3.Tag (= aktuelle Seite)

[Willkommen]  [USA Austria]  [EXTRA!!! mein Magazin]  [Webcam Links]  [Linksammlung]
[Ich über mich]  [Fotosammlungen]  [Downloads]  [Haftung]  [Seitenplan]  [Gästebuch]  [Email]

zurück zum Seitenanfang zurück zur vorherigen Seite Home - www.gbintheworld.com Sollten Sie nicht über die Hauptseite (mit Sprachauswahl)
von gbintheworld.com hierher gekommen sein, klicken Sie bitte hier!!!

© gbintheworld


Datenschutzerklärung