Mit Mustangs durch das Monument Valley
"Western Horsemanship Magazine"
Jan./Febr.'97

Trailreiten im Monument Valley, das war schon lange einer meiner großen Reise-Wünsche. Recherchen bei europäischen und auch amerikanischen Reise-Veranstaltern ergaben, daß diese Ritte angeboten werden, aber meist in der "gehobenen Preisklasse" liegen. Also beschloß ich, im Rahmen einer Mietwagenfahrt von Las Vegas nach Billings, MT die Sache "vor Ort" auszukundschaften.

Aus regelmäßig erscheinenden Anzeigen von Ed Black's Riding Stable erfuhr ich, daß dieser Reitstall einzigster Anbieter von Ritten direkt im Valley ist. Also nahm ich Kontakt auf und buchte per Fax einen Ganztagesritt für 2 Personen, für meine Reisebegleitung Ralf und mich.

Eigentlich wollten wir in der Goulding's Lodge, direkt im Valley, übernachten. Dort ist meist achtmonatige Vorbestellung nötig. Unsere Termine waren leider schon ausgebucht. So empfahl man uns das Wetherill Inn, Kayenta, ein nettes kleines Motel etwa 30 Meilen südlich vom Valley, das man allerdings auch rechtzeitig buchen sollte.

Allgemein sollte man alle geplanten Übernachtungen in Nationalparks für die Sommersaison schon Monate im voraus buchen oder sich darauf einrichten, daß man in Städten in der Nähe der Parks wohnt. Sonst kann man meist nur an einer Hotelrezeption warten und darauf hoffen, daß jemand absagt. Eigentlich ist Urlaubszeit dafür zu kostbar...

Von Freunden und Bekannten wurden wir gewarnt: Reitet nicht im Monument Valley! Die Pferde sind in einem sehr schlechten Zustand. Wenig Futter, viele Verletzungen, Satteldruck, kaputte Hufe, schlechtes Sattelzeug... Wir beschlossen, es einfach zu versuchen. Notfalls kann man den Ritt ja immer noch absagen.

Nachmittags in Kayenta angekommen checkten wir in unser Hotel ein und fuhren dann ins Monument Valley. Den ersten Eindruck von der Landschaft im Valley erhielten wir schon an der Stadtgrenze von Kayenta: rechts und links der Straße standen beeindruckende Felsmassive. Und auch die ersten Verkaufs - Stände mit Navajo - Kunstgewerbe. Kurz vor dem Eingang zum Valley fanden wir einen Reitstall. Die Pferde sahen wirklich nicht gerade gut aus und wir hofften, daß es nicht Ed Black's Stable war. Etwas weiter stand ein Trailer mit einigen angebundenen Pferden. Die schauten schon etwas besser aus.

Im Monument Valley suchten wir natürlich zuerst nach den "Grüßenden Händen". Sie waren gleich vom Besucherzentrum aus zu sehen. Dann machten wir uns auf die Suche nach Ed Black's Riding Stable. Es war bereits spät, die Sandpiste durch das Valley, die man mit dem eigenen Auto befahren darf, wurde schon geschlossen. Wir erklärten, daß wir wegen Buchung eines Tagesrittes zum Reitstall wollen und durften passieren.

Eine Holzkonstruktion, ein Dach, keine Wände, das war Office und gleichzeitig Sattelkammer. Die Pferde waren nebenan im Korral untergebracht. Nach Angabe der indianischen Wrangler alles Mustangs. Sie standen ohne Schutz vor der Sonne, aber mit ausreichend Futter und Wasser in kleinen Gruppen in den verschiedenen Abteilen des Korrals. Ein paar alte Satteldruck-Narben, gut verheilt, ein paar ausgefranselte Hufe, wie es bei unbeschlagenen Pferden immer mal vorkommt, ansonsten machten alle Pferde einen guten und munteren Eindruck. Was lustig aussah: alles Weiß war durch den roten Staub im Valley leicht rosa gefärbt.

Wir erlebten den Start zum Abendritt mit. Der Wrangler gab eine kurze Anleitung, wie die Pferde zu lenken, anzutreiben und zu bremsen sind, dann zog der kleine Treck los. Es gab nichts auszusetzen, also stand unserem Tagesritt nichts im Wege.

Meine Befürchtung war, mit einer Truppe Anfänger, die ja doch oft auch Hektik auf dem Ritt machen, oder mit Chaoten, die nur herumrasen wollen, ausreiten zu müssen. Aber nur noch zwei gut reitende Japaner waren für den Tagesritt gemeldet. Es wurde uns empfohlen, so früh wie möglich am Stall zu sein, da ab 15 Uhr immer mit starkem Wind zu rechnen sei. Wir sollten ungefähr 6 Stunden reiten einplanen. Also einigten wir uns auf etwa 7 bis 8 Uhr.

Wir wurden nach unseren Reitkenntnissen und "Sonderwünschen" (kleines oder großes / gemütliches oder schnelles Pferd) gefragt und darauf hingewiesen, daß wir unbedingt ausreichend Wasser und ein Lunchpaket für den Ritt mitbringen sollen. Ausreichend Wasser sollte man wirklich immer dabei haben!

Als wir am nächsten Morgen zum Stall fahren wollten war der Eingang zum Park noch nicht besetzt. Ein Navajo, der uns am Beginn der Sandpiste nach Bezahlung der Eintrittsgebühr ($2,50/Person) fragte wollte uns erst wieder zurück zum Besucherzentrum schicken. Dort konnte man Tickets bekommen. Wir konnten ihn überzeugen, daß wir schon spät dran sind für den Tagesritt und daß wir abends bezahlen. Also durften wir passieren.

Die Japaner waren schon eine halbe Stunde vor uns angekommen und wollten nicht warten. So hatten wir einen "ganz privaten Ausritt" mit unserem indianischen Führer Winston.

Unsere Mustangs waren bereits geputzt und gesattelt. Wir wurden begutachtet, wie wir das Gepäck verstauten, die Sattelung checkten. Ich habe seit meinem ersten Ranchurlaub kleine Pommeltaschen, die über das Horn gezogen und am Sattel angebunden werden. Sie sind völlig ausreichend für all den Kleinkram, den man während des Rittes braucht: Kamera, Filme, Sonnencreme, etwas zu Naschen, Lunchpaket,... Eine Trinkflasche extra dazugeschnallt, eine Jacke hinten an den Sattel gebunden und mein kleiner schwarzer Mustang Jack war startklar. Für Ralf hatte ich angefragt, ob sie Pferd und Sattel passend für ihn haben. Mit seinen 1,97m kann es schon mal Probleme geben. Aber man hatte mich schon bei der Buchung beruhigt: alles ok! Und so bekam Ralf einen echt großen Fuchs namens Boulder.

Es ging erst einmal recht gemütlich zum ersten Fotostop. Winston stellte sich für uns in Pose und erklärte die Felsgebilde. Wie wir gehört hatten ist es nicht immer erwünscht, daß Fotos von den Indianern gemacht werden. Man sollte vorher um Erlaubnis bitten und sich nicht wundern, wenn manchmal auch Bezahlung für die Fotoerlaubnis verlangt wird... Bei unserem Ritt schien es "inclusive Fotos" zu sein.

Eine erste kleine Meinungsverschiedenheit mit Mustang Jack gab es, als ich Ralf und Winston fotografieren wollte und deshalb ein paar Meter weg reiten mußte. Nun ja, Touristikpferde... die testen natürlich erst einmal, wer oben sitzt. Jack hörte nach dieser kleinen Auseinandersetzung prima. Er war ein recht "flotter Feger", hatte aber einen wahnsinnig kurzen "Ponytrab".

Winston checkte in der ersten Viertelstunde, wie es mit unseren "Reitkünsten" steht und zu unserer Freude erreichten wir dann eine herrliche Sandpiste, die wir im Galopp entlang sausten. Der gesamte Ritt verlief sehr flott. Anfangs fragte Winston noch, ob es uns nicht zu schnell wäre, aber dann tanzte sein kleiner Schimmel ohne größere Unterbrechung im Trab vor uns her. Bergauf, bergab. Wir versuchten, es bergab langsamer angehen zu lassen und auf geraden Strecken wieder aufzuholen. Der kleine Schimmel war unermüdlich und Winston saß wie festgeklebt im Sattel.

Es ging von Felsmassiv zu Felsmassiv, vorbei an den grüßenden Händen und der Merrick Butte auf Sandwegen ins "tiefste Hinterland" des Monument Valleys, wo man mit Autos nicht hin kommt. Wir sahen den Elefantenberg, die drei Nonnen, den Totempfahl, die Regengott Mesa und viele andere beeindruckende Felsmassive. Und auch die Wanderdüne, wo ein Teil der Marlboro Werbung gemacht wird.

Unsere Mittagsrast machten wir in einer Höhle mit einem kleinen See. Die Pferde wurden getränkt, dann kletterte Winston an der steilen, glatten Höhlenwand empor. Weit oben fand er einen Rastplatz für seine Mittagspause. Ralf folgte ihm etwa bis zur Hälfte, ich beschloß, lieber bei den Pferden zu bleiben. Mountainclimbing mit glatten Cowboystiefeln war nicht so "mein Ding". Egal ob Winston drüber lachte oder nicht...

Da der erste Teil unseres Rittes fern aller mit Auto befahrbaren "Touristik - Pisten" verlief fiel es uns gleich auf, als wir kurz nach Beendigung der Mittagspause Stimmen hinter uns hörten. Da waren Reiter. Und ihre Pferde liefen irgendwie anders! Missouri Foxtrotter oder Tennessee Walker? Sie schlugen die Richtung zu unserem Rastplatz ein und ich bat Winston, ob wir nicht zurück reiten könnten. Ich würde mir gern die Pferde ansehen. Er meinte: "Gut, reite zurück." Mein Mustang Jack war von dieser Idee nicht so begeistert, aber dann flitzte er doch los.

Die fremden Reiter sahen uns und warteten. Ich begrüßte sie und fragte: "Deutsche?" ... "Ja!" ... " Reiterreisen oder Miller Ranch?" Sie lachten. "Miller Ranch! Du scheinst Dich ja gut auszukennen!" Bei meinen Urlaubsrecherchen hatte ich nur diese beiden Veranstalter gefunden, die Ritte mit Gangpferden anboten. Außerdem kam mir der Anführer sehr bekannt vor, wahrscheinlich aus dem Video der Miller Ranch. Wie unterhielten uns eine Weile, dann fragte ich, ob ich ein Foto machen dürfte. "Klar!" Inzwischen vermißte Mustang Jack aber seine Kumpels, fing an zu tänzeln und aus ich die Kamera in der einen und die Zügel in der anderen Hand hatte stieg er kerzengerade hoch. Zum Glück hatte ich schon oft davon gehört, was man da machen sollte, um nicht sein Pferd umzureißen. Und es klappte wirklich. Ich war heilfroh, denn davon hören und es dann selbst machen, das ist schon ein Unterschied. Jedenfalls schoß ich schnell ein paar Fotos und dann flitzten wir wieder zurück zu Ralf und Winston.

Eine halbe Stunde später, am Sonnenfenster. Am Fuße des Felsens war ein riesiger Sandhügel. Winstons kleiner Schimmel fetzte in vollem Tempo rauf. Zwei Jeeps mit Touristen kamen an, als ich gerade Anlauf nahm. "Yeah, girl, go!, go!" brüllten sie mir hinterher. Und Jack flitzte den Sandhügel rauf. Ralf und Boulder kämpften sich dagegen Meter für Meter zu uns ran.

Wir genossen grad die herrliche Aussicht, da kamen die Reiter von der Miller Ranch in vollem Tempo den Hügel rauf. So kamen wir noch zu einem gemütlichen Plausch. Die indianischen Führer seilten sich zu einem Schwätzchen ab und wir unterhielten uns mit den Deutschen. Sie sind 2 Wochen unterwegs, verladen die Pferde auf der Ranch und fahren erst zum Grand Canyon, reiten dort, fahren dann weiter zum Monument Valley. Diese Ritte sind leider fast auschließlich mit Deutschen und anderen Europäern. Das hatte mich von einer Buchung bei der Miller Ranch abgehalten. Wenn ich in Amerika Urlaub mache möchte ich auch die Einheimischen kennenlernen und nicht mit einer Herde Deutscher durch die Prärie toben. Es war allerdings nett, sie mal zu treffen. "Mitten in der Prärie" oder besser: im Valley.

Weiter ging unser Ritt zu alten Felsgemälden. Dort überraschte uns wieder ein Touristenjeep. Als die Insassen mit gezückten Kameras auf uns zuliefen meinte Winston: "Let's get out of the way from this people!" (Laßt uns vor diesen Leuten abhauen!), wir flitzten im Renngalopp um das Felsmassiv herum und weg waren wir...

In der Nähe der "Drei Schwestern" besuchten wir eine alte Indianerin in ihrem Hogan, der typischen Navajo - Behausung. Die Indianerin zeigte uns, wie die Wolle für die herrlichen Navajodecken hergestellt wird.

Das Monument Valley bildete die Kulisse für viele bekannte Filme. Es begann Anfang der zwanziger Jahre unseres Jahrhunderts. Harry Goulding, ein Schafzüchter, lebte mit den Navajos im Monument Valley. Er baute einen Handelsposten auf und als es Ende der dreißiger Jahre keine Chancen für irgendwelche Einkünfte gab beschloß Harry Goulding, das Monument Valley der Welt bekannt zu machen.

Er hatte gehört, daß ein Western gedreht werden soll. Mit einem speziell angefertigten Album des Fotografen Joseph Muench machte sich Goulding mit seiner Frau Mike auf den Weg nach Hollywood. An der Rezeption von "United Artists" wurde er abgewimmelt. Keiner hätte Zeit für ihn. Gut, Harry hatte seinen Schlafsack dabei und nachdem er ihn in der Lobby ausrollte fand ein Manager Zeit für ihn. Ein Blick auf die Fotos, dann verschwand er... mit den Bildern. Etwas später lagen die Fotos vor John Ford. Innerhalb weniger Stunden war alles klar: das Monument Valley ist DER Platz für den neuen Western. Und wer kennt ihn nicht... "Stagecoach - Höllenfahrt nach Santa Fe" mit John Wayne!

Letzte Station unseres Rittes war der John Ford's Point. Dann ging es wieder zurück zum Stall. Wir hatten echt Glück mit dem Wetter: den ganzen Tag lang war es leicht bewölkt und nicht zu heiß. Optimales Reitwetter. Erst kurz vor Ende des Rittes kam Wind auf, die Wolken trieben weiter und die Sonne brannte. Wir waren froh, daß wir unsere Halstücher und Basecaps als Sonnenschutz dabei hatten. Cowboyhüte wären besser gewesen, aber wir wollten nicht "overdressed" mit unseren Chaps und Cowboyhüten bei den Indianern zum Ritt erscheinen.

Nach einer Stipvisite im Visiter Center, wo wir nachträglich unseren Eintritt zahlten, besuchten wir nochmals den John Ford's Point. Dieses Mal per Auto. Und ich muß ehrlich zugeben, es machte nicht halb soviel Spaß, per Auto im Valley zu sein, wie mit unseren Mustangs. Winston, es war ein super Ritt! Jack und Boulder, wir kommen wieder!!!

...

Auch 1998 und 2001 ging es wieder zum Reiten in's Monument Valley. Hier noch einige Impressionen:


© Midnight Special Ranchurlaub


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