Die Leute von der Schively Ranch
Teil 1


(Western Horse Mai '95)

Schively Ranch, Montana


Deutschland goes West. In vielen Zeitungen findet man derzeit Berichte über Ranch-Urlaub, Viehtriebe, Wilden Westen pur. Montana, Wyoming, Colorado - das scheinen die neuen Urlaubs - Eldorados zu sein. Seit Billy Crystals Film "City Slickers" ist Ranch-Urlaub "in". Auch ich hatte mich auf den Weg in Richtung Westen gemacht. Von der Dude Ranchers' Association erhielt ich viele Infos und Adressen, da war es relativ einfach, den Urlaub zu planen.
Als alles fest organisiert war und nur noch der Flug gebucht werden mußte erreichte mich ein Brief der Schively Ranch. Mit Angeboten für Ranch-Urlaub und Viehtrieb. Es klang alles sehr interessant ... arbeitende Cattle Ranch, nur wenig Gäste, die im Ranchbetrieb mitarbeiten können. Unvergleichliche Westernabenteuer wurden versprochen. Mit Aufenthalt auf rustikalen Ranches (Schively und Dryhead), die weder Swimming Pool, Tennis Platz noch Spielhalle anbieten...
Aber inzwischen hatte ich schon 2 Ranches fest gebucht. Noch eine Woche Ranch-Urlaub? Nein. Aber Viehtrieb??? DAS war etwas anderes! Ich überlegte hin und her, um die Termine zu koordinieren, und schließlich kam ich zu der Lösung, daß ich auf den Viehtrieb in der ersten Mai-Woche gehen müßte.
Da es schon zeitlich etwas knapp war, die Buchung brieflich zu erledigen, rief ich an. Ich sprach mit Iris, der Chefin. Sie bedauerte: "Die Frühjahrs-Viehtriebe sind alle ausgebucht." ... "Schade, das hätte ich gern mitgemacht." Worauf sie sagte: "Halt, wie viele Personen?" Als sie hörte, daß ich allein kommen will, sagte sie mir, daß sie noch EINEN Platz auf einem Viehtrieb frei hat. Erste Mai-Woche! WOW! Was für ein Glück! Ich bekam ein paar Tage später die Buchungsbestätigung mit einem Info, was mitzubringen ist, was man auf der Ranch kaufen kann und wie man zur Ranch kommt.

So flog ich Ende April los, von Berlin über London nach Newark, verbrachte eine Nacht in New York und reiste dann per Greyhound quer durch die Vereinigten Staaten nach Billings/Montana. Ich bummelte ein paar Tage in der Stadt rum und dann war es endlich soweit. Ich sollte 16 Uhr vor dem Ponderosa Hotel sein. Natürlich war ich viel zu früh dort und so hieß es: warten, warten, warten. Ich schaute die Straße auf und ab und überlegte, welches der Autos wohl zu "meiner" Ranch gehören könnte. Aber eins nach dem anderen fuhr vorbei. Es wurde 16.00 Uhr, 16.30 Uhr,... Und ich hockte da auf meiner Riesenreisetasche (für immerhin drei Monate Aufenthalt in den USA!).
Auf einmal wurde ich angesprochen: "Are you Steffi? I'm Joe Bassett." Ein Pickup mit 3 Gästen wartete hinter dem Hotel. Ich war echt froh, daß alles so gut klappte. Zu der kleinen Verspätung kam es, weil auf dem Flugplatz noch auf Gäste aus einer verspäteten Maschine gewartet werden mußte. Kein Problem.
Am Stadtrand trafen wir uns mit den anderen Ranch-Leuten und Gästen. Dann ging es los in Richtung Süden, nach Lovell/Wyoming, wo die Rinder überwintert hatten. Auf der Bassett Farm angekommen wurden erst einmal die Schlafquartiere besichtigt und eingerichtet. Je 2 Leute hatten ein Tipi. Da ich "Einzelreisende" war wartete ich erst einmal ab. Eine Dreiergruppe war bei den anderen Gästen und so hatte ich bald eine "Wohngemeinschaft" mit Helena, einer jungen Frau aus Cleveland/Ohio. Inzwischen war es Abend geworden und nach einem reichlichen Mahl, bei dem Rancher und Gäste noch an getrennte Tischen saßen (man war noch in der "Beschnüffelungs - Phase) trafen wir uns im Wohnzimmer des Farmhauses. Jeder stellte sich kurz vor, zu meiner Überraschung waren etliche Leute dabei, die schon das vierte, fünfte Mal zu Viehtrieben auf diese Ranch kamen. Außer mir war noch ein Gast aus Deutschland dabei, Mike, der zählte aber schon fast zum Inventar der Ranch, weil er jedes Frühjahr und jeden Herbst zu allen Viehtrieben auf Schively ist. Dann war noch ein Franzose dort, alle anderen Gäste kamen aus den USA. Ich war ganz froh darüber, denn man macht ja nicht Amerika-Urlaub, um dann mit einer Herde Deutscher durch die Prärie zu ziehen.
An diesem ersten Abend bekamen wir auch noch ein Video gezeigt. Wie behandele ich mein Pferd, wie wird gesattelt, getrenst, geritten. Und wie gehe ich mit den Kühen um. Dann war das "von der Ranch organisierte Abendprogramm" beendet, wir quatschten noch eine Weile, um uns näher kennenzulernen und machten die letzten Einkäufe im Ranch-Laden.
Oh, ich wollte doch noch einen Cowboyhut kaufen, aber die gab es nicht mehr. Hm, schade. Ich dachte, daß ich auch ohne auskommen kann...
Joe, Iris und Jack versuchten, alle anfallenden Fragen zu beantworten. Sie sagten, daß es keinen Sinn macht zu erzählen, wo wir langreiten, wo wir Station machen, da die Leute, die danach fragen, das Gelände eh' nicht kennen. Tja, und dann die vielen Fragen, wann es losgeht, wie lange geritten wird. Joe meinte, daß an den ersten Tagen die Gäste immer nur gebremst werden müssen. Die Tage auf einer Ranch verlaufen nun mal nicht streng organisiert nach der Uhr. Da gibt es soviel zu beachten, da hat vieles Einflüsse auf den Tagesablauf, was man nicht vorher planen kann. Wir lachten, sahen es ein und versuchten, einfach das Leben zu genießen, nach all dem Großstadt-Streß, aus dem die meisten von uns kamen.

Der erste Tag:
Beim Frühstück am nächsten Morgen gab es keine "Tischordnung" mehr. Inzwischen kannte man sich, die Ranch-Leute und die Gäste saßen zusammen. Und dann ging "der Ernst des Lebens" los. Die Pferdeherde war im Korral, alles Quarter Horse Wallache. Zwei der Cowboys fingen an, Pferde zu verteilen. Jeder wurde gefragt, wie gut er reitet, ob er ein ruhiges Pferd möchte oder eher ein flottes. Ich bat mir erst einmal ein braves Roß aus und beobachtete die Pferde im Korral. Ein ziemlich großer Brauner fiel mir auf. Mit seinem großen, recht groben Kopf war er keine Schönheit. Er hatte sehr kleine Augen und schaute mit denen so gutmütig daher, daß ich mir gleich dachte: "Das wäre ein Pferd für mich!" Unser Trailboss, fing ihn schließlich ein. "Steffi, das ist Jack, Dein Pferd!" Wie erwartet hatte ich keine Probleme mit ihm. Ein echt braver Geselle.
Und so zogen wir los. Wir wollten die Kühe und Kälber zusammentreiben, die wir in den nächsten Tagen nach Montana bringen sollten. Insgesamt etwa 1200 Kühe konnten nicht zusammen auf den Treck gehen. Nach dem Video vom Vortag wußten auch die absoluten "Viehtriebs-Anfänger", wo man reiten muß, damit sich die Herde nicht zerstreut. Und solange alles klar ging und immer alle Positionen besetzt waren konnte man sich aussuchen, ob man neben der Herde reitet oder dahinter, bei den sogenannten "Baby-Chasern", die dafür zu sorgen hatten, daß alle Kälber mitkamen. Stundenlanges Schritt-reiten und immer auf die Kälber einreden ... "Move Baby ... Come on, Baby ... und dazu den Staub der ganzen Herde schlucken, das war manchmal nicht einfach. Aber man hatte ja "Westernabenteuer" verlangt...
Hinter der Herde fuhr - soweit es straßenmäßig möglich war - ein Pickup Truck mit Viehhänger. Da wurden Kälber verladen, für die der Treck zu anstrengend war. Manche Kälber schlichen nur noch der Herde hinterher. Aber in dem Moment, wenn sie das Lasso spürten oder auch nur eine andere Meinung über die einzuschlagende Richtung hatten, da rasten sie los wie die Feuerwehr. Schwanz hoch un' tschüß!
Etwa 3 - 4 Stunden reiten waren an diesem ersten Tag angesagt; zum eingewöhnen. Das war "Plan A". Wir hatten irgendwann alle Kühe/Kälber zusammen und brachten die Herde auf den Weg in Richtung Norden. Und es ging weiter und weiter. 4 Stunden, 5 Stunden,... Dann fragten wir doch einmal nach. "Oh, sorry!" Sie hatten völlig vergessen, uns zu sagen, daß die Herde nun doch den ganzen Weg bis zum Grenzkorral gebracht werden sollte, da für die zweite Hälfte der Woche schlechtes Wetter angesagt war. 10 Stunden reiten, wenn alles gut geht!
Es war wichtig, in einem geruhsamen Tempe zu treiben. Die Viehtriebe im Galopp, die man aus Western kennt, die gibt es nicht. Welche Kuh würde eine Woche im Galopp gut überstehen? Alles ging gemütlich zu. Das Motto war "Follow the cows and don't mess with them. They know where to go!" - Folgt den Kühen, legt Euch nicht mit ihnen an. Sie kennen den Weg.
Bei dem langsamen Tempo war es einfacher für die Kühe, ihre Kälber "bei Fuß" zu behalten. Und somit war die Chance geringer, daß die gesamte Herde kehrt macht und wieder in Richtung Heimat läuft.
Wie schwer es ist, die Herde wieder in die richtige Spur zu bekommen merkten wir nach der Mittagsrast, als die Kühe immer wieder versuchten, im Kreis zu laufen, die Heimatrichtung einzuschlagen. Aber dann hatten wir es endlich geschafft, wir zogen weiter in Richtung Norden durch ein wüstenartiges Gebiet. Die Sonne brannte mehr und mehr. Dann wußte ich, wieso unbedingt ein breitkrempiger Cowboyhut getragen werden sollte. Meine kleine Kappe gab keinerlei Sonnenschutz und bald hatte ich Nase und Ohren (!) verbrannt. Ich rettete meine arg geschundenen Ohren, indem ich mein Halstuch in ein Kopftuch umfunktionierte, es unter der Mütze trug. So sah ich zwar mehr nach Beduine als nach Cowboy aus, aber das war mir in dem Moment reichlichst egal.
Der Ritt schien endlos, aber schließlich kam doch ein Korral in Sicht. Und auf einmal war alle Pein verflogen, man hätte weitere 10 Stunden reiten können... Der erste Tag war geschafft. Und in einer guten Zeit, ohne daß die Herde kehrt gemacht hatte.
Wir trieben die Herde ein. Für unsere Pferde gab es eine seperate kleine Koppel. Jeder versorgte sein Reittier selbst. Sättel und Gäste wurden dann verladen und zurück zu Farm gebracht. Wie kurz der Weg mit dem Auto erschien!
Abends hatte ich dann ein "ernstes Gespräch" mit der Chefin. "Ich reite nicht mehr ohne Cowboyhut. Ihr habt gesagt, ich kann hier einen kaufen. Also, macht bitte (!!!) was!" Und so kramte Rene', die Köchin, ihren alten Hut raus. Der paßte perfekt und mein Urlaub war gerettet.

Und weiter zieht die Herde...
Unseren zweiten Abend verbrachten wir auch wieder auf der Farm. weil wir eh' mit der Herde noch in der Nähe waren. Später sollte es in's Cow Camp gehen. In langen Gesprächen mit den Ranch-Leuten erfuhren wir so manches Wissenswerte über Schively und das "Ranch Business" im allgemeinen. Warum treibt man eigentlich die Herde hin und her? Auf keinen Fall, um Touristen den Spaß am Viehtrieb zu bieten! Im Frühjahr gehen die Viehtriebe von der Farm in Wyoming nach Montana. Den Sommer verbringen die Kühe und Kälber auf den Bergweiden in Montana, auf Schively und der Dryhead Ranch. Die Kühe werden gecheckt, geimpft, die Kälber geimpft und gebrannt. Derweil wird in Wyoming auf der Farm Heu gemacht. Im Herbst geht es dann zurück ins "Winterquartier", wo es nicht ganz so kalt und schon das Heu bereitgestellt ist. Und wo die Kälber geboren werden. Ein ewiger Kreislauf...
Am nächsten Morgen ging es neu behütet und mit frischem Mut wieder zur Herde raus. Pferde einfangen, putzen satteln, Satteltaschen packen. Als der Branding Inspektor kam wurde das Tor aufgemacht und die Herde ging wieder auf den Trail. Die Landschaft änderte sich nach kurzer Zeit. Aus den kahlen Sanddünen wurde eine karg bewachsene Hügellandschaft. Den Kühen wurde die unbefestigte Straße überlassen, wir Reiter mußten uns einen Weg neben der Herde suchen. Weit genug entfernt, um die Herde nicht von der Straße zu drängen und nahe genug, um grasende Tiere wieder in Gang zu bringen.
Die Landschaft war einfach unbeschreiblich! Der Trail führte uns später durch einen Canyon, über Berge und auf einer Asphaltstraße ging es durch die Wild Horse Range. Bei diesem Ritt hatte ich kleine Auseinandersetzungen mit meinem Pferd Jack. Er wollte einfach nicht stehen bleiben, wenn ich ein Foto schießen wollte. Und gar umdrehen und auf Gegenkurs zur Herde gehen! Im Canyon schimpfte ich mit ihm, weil er mir ein tolles Foto versaut hatte. "Jack, you little bastard!" Unser Trailboss ritt vor mir. Er hielt an und drehte sich irritiert um. "Was sagst Du?" Ich erklärte, daß ich grad mit meinem Pferd rede. Da lachte Trailboss Jack (!) und ritt weiter.
Nachmittags machten wir in der Nähe einer Ranger Station Rast und warteten mitsamt der Herde auf den Heutruck. Die Kühe, die ihre Kälber während des Trecks verloren hatten, machten sich auf die Suche. Und da die Baby Chaser gute Arbeit geleistet hatten, alle Kälber mitgebracht hatten, wanderte keine Kuh zurück.
Die Kühe und Kälber suchten im Gebüsch neben der Straße Schutz vor der sengenden Sonne. Vom angedrohten schlechten Wetter war zum Glück noch nichts zu bemerken. Als der Heutruck vorbei fuhr brachten wir die Herde wieder auf den Weg. Ich sollte ein paar Kühe aus einem Gebüsch am Bach treiben. Mein Pferd weigerte sich, den Abhang zum Bach runter zu gehen. Ich ritt nochmals an, er stoppte. Ich ritt erneut an, da kam einer der Cowboys, um die Lage zu checken. Er überschaute das Gewirr von Ästen am Rande des Baches... und dort lag eine große Klapperschlange! Guter, alter Jack!!! Man sollte manchmal also doch auf sein Pferd hören!
Wir trieben die Herde nur noch ein paar Kilometer bis zu einer - nach amerikanischen Maßstäben - kleinen Koppel, dem Übernachtungsplatz, wo schon das Heu verteilt war. Dann ritten wir weiter. Nach einer Viertelstunde erreichten wir unser Cow Camp.

Erst einmal sahen wir nur einen Korral für die Pferde. Mit einem angebauten, windschiefen Toilettenhäuschen. Absatteln, Pferde versorgen. Dann liefen wir rüber zum eigentlichen Camp, wo schon unsere Tipis aufgebaut waren und unser gesamtes Reisegepäck auf einem Riesenhaufen lag. Wir kramten unsere Siebensachen zusammen, suchten uns ein Tipi aus uns dann zogen auch schon Wahnsinns-Düfte durch das Lager. Rene zauberte uns ein super Essen. Und dann? In vielen Berichten geht es jetzt weiter mit "Da war ein Dusch-Wagen und abends spielte eine Country-Band". Aber nicht bei uns!!! Wasser gab es. Zum trinken, Hände waschen und zum Zähne putzen. Wer mehr wollte konnte sich gern auf den Weg machen, zum nächsten Bach und dort "abtauchen". Natur pur. Und unsere Abendgestaltung unterschied sich auch sehr von der, die ich aus anderen Berichten kenne. Der Trailboss Jack ist ein bekannter Cowboy-Poet. Er unterhielt uns am Lagerfeuer mit seinen Gedichten und Geschichten über das Cowboy-Leben. Auch einige der Gäste trugen Gedichte vor und so endete dieser Tag mit einem laaangen Meeting bei Vollmond am wärmenden Lagerfeuer.
Wir wollten 2 Nächte im Cow Camp bleiben. Deshalb hatte man auch extra noch das Zelt über den Eß-Plätzen aufgebaut. Aber das war wieder mal Plan A. Am nächsten Morgen machten wir nach einem reichhaltigen Frühstück unsere Pferde fertig. Jack schickte uns danach wieder zurück zum Camp. Sachen packen, Tipis abbauen. Nun war das mit dem schlechten Wetter doch akut geworden und man wollte keine Nacht im Zelt bei Unwetter riskieren, wenn die Ranch eh' in Reichweite war.
Am Tag zuvor hatte eine Kuh gekalbt. Sie wurde samt Kalb per Viehtransport zur Ranch vorgeschickt. Und leider war man der Meinung, daß sich mein alter Jack auch eine Pause verdient hatte. So wurde er mit "verschifft" und ich bekam Skinner, einen hübschen Fuchs. Bei dem funktionierte die "Lenkung" nicht so ganz. Er hatte einen Rechtsdrall. Und bis ich gemerkt hatte, daß ich immer ein bißchen links "gegenlenken" muß hatte ich mehrfach Gestrüpp gestreift. Das hört sich nun garnicht so schlimm an, aber dieses Gestrüpp war fester und kratziger als alles bisher gesehene. Und so hatte ich ganz schnell ein paar Dreiangeln in Hose und Hemd. Das war der Moment, in dem ich beschloß: "Wenn wieder Viehtrieb, dann nur mit Chaps!".
Irgendwann hatten wir uns zusammengerauft und kamen ganz gut miteinander aus. Vor allem war Skinner besser zu überzeugen, für Fotos anzuhalten, sich umzudrehen, stehen zu bleiben.
Wir mußten erst einmal die Herde wieder zusammentreiben. In der Nacht hatte sie sich über die ganze Koppel verstreut. Da es dort viele Versteckmöglichkeiten gab (Bodensenken, Bauminseln,...) mußten wir erst einmal die gesamte Koppel nach unseren Tieren durchkämmen. Dann ritten wir den heimatlichen Gefilden in Montana entgegen. Um den Kühen und Kälbern etwas Ruhe zu gönnen wurde an diesem Tag nicht sehr weit getrieben. Schon mittags war Feierabend angesagt, die Herde wurde in eine Koppel gebracht. Wir blieben noch ein paar Stunden dort, um sicherzugehen, daß alle Kühe ihre Kälber gefunden hatten und keine abhauen wollte. Die Ranchers-Tochter Jennifer servierte uns aus ihrem Kleinbus ein schönes Picknick. Dann wurden unsere Pferde in Transporter verladen und zur Dryhead Ranch gebracht.

Dryhead gehört zu Schively und liegt gut geschützt in einem kleinen Canyon. Wir entließen unsere Pferde in die Freiheit einer riesigen Weide und richteten uns gemütlich in einem Bunkhouse ein. Im benachbarten Haus gab es neben Küche und Eßzimmer auch 2 Badezimmer. Welch Luxus! Aber wenn 15 Leute gleichzeitig diesen Luxus genießen wollen kann es Streß geben. Wir lösten die heikle Lage perfekt. Auf der Veranda gab es bald eine Badetaschen-Reihe. Wer sich "anstellen" wollte legte seine Tasche dazu und man konnte sich frei auf der Ranch bewegen und mußte nur ab und zu mal checken, an welcher Position die eigenen Badetasche nun war.
Die Veranda wurde auch zu einem beliebten Klön-Treff. Ich benutzte den freien Nachmittag dazu, die Ranch-Hunde von ihrer Klettenplage zu befreien. Irgend etwas fehlte uns... Es war nicht ganz wie sonst. Dann hatten wir es! Die Herde mit ihrer ewigen Geräuschkulisse! Nach dem tagelangen Muhen war uns die Stille ungewohnt!
Am nächsten Morgen war allgemeiner Pferdetausch. Die gesamte Reitpferde-Herde, etwa 85 Wallache, wurde eingetrieben. Wir bekamen "neue" Pferde, unsere "alten" Rösser wurden wieder auf die Wiede geschickt. Ich hatte nun einen hübschen schwarzbraunen Wallach; Target.
Als unsere Pferde fertig geputzt und gesattelt waren wurden sie verladen und zur Koppel gefahren, wo wir die Rinder-Herde "geparkt" hatten. In einem der Vieh-Hänger war noch vom letzten Kuh-Transport Mist. Und als es einen steilen Berg hoch ging haute es zwei der Pferde glatt um. Mitsamt Sattelzeug sausten sie in die Sch...! Wir hielten an, entluden den Hänger und die liegenden Pferde, die sich zum Glück nicht verletzt hatten, kämpften sich wieder auf ihre Beine. Alles okay. Aber wie sie und das Sattelzeug aussahen! Und der Geruch! Wir starteten eine kurze Putz-Aktion, kehrten auch den Hänger aus und verluden die Pferde wieder. "Zum Glück ist mein Pferd nicht in den Mist gefallen", sagte eine Frau. Über so viel Schadenfreude wollte ich mich schon aufregen, aber dann sah ich, daß ihr Pferd auch mit in dem "Unfall-Hänger" war. Und wie ich es geahnt hatte, als wir an der Koppel ankamen waren alle Pferde in diesem Hänger gleichmäßig angeschmuddelt und stanken. Tja, Pech gehabt! Aber an der schönen frischen Luft verflog der ungewohnte Duft schnell und so dauerte es nicht allzu lange, bis daß wir unsere Rösser wieder riechen konnten.
Mit Target kam ich auch gut klar, nur mochte er es nicht, wenn ihm von hinten einer seiner "Kollegen" zu nahe kam. Dann feuerte er schon mal aus. Aber damit konnte ich leben...
Inzwischen trieben wir über das Gebiet einer Nachbar-Ranch. Nun wurden Leute für schnelle Jobs gesucht. Sie mußten vor der Herde reiten und das Vieh des Nachbarn von unserem Trail weg treiben, damit sich die Herden nicht mischten. Ich blieb lieber bei "unserer" Herde, bei einem gemütlichen Tempo.
Eine Stelle, an der wir sehr aufpassen mußten, war am Ranchhaus des Nachbarn. Die Herde versuchen dort meist, sich etwas zu zerstreuen. So hatten wir Posten vorgeschickt, die die "Abzweige" in den Ranch-Hof, einen kleinen See und einen Bach absperrten. Besonders der Bach war wegen herumliegendem Stacheldraht sehr gefährlich. Das war eine Sache, die uns immer wieder gesagt wurde: nie, aber auch wirklich niemals über Stacheldraht reiten! Und wir hatten dann auch auf dem gesamten Treck keinen "Draht-Unfall".

Weiter geht's bei Teil 2.


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